Hier sind die TOP Music Tracks des Jahres 2024.
Wie immer äußerst subjektiv von Old Zone Boy & Meteorist Jan
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TOP 10 Sometimes, I Swear (The Vaccines)
Die britische Indie-Rock-Band The Vaccines liefert mit „Pick-Up Full of Pink Carnations“ ein Album, das so frisch und nostalgisch zugleich klingt, als hätten sich The Ramones und The Strokes gemeinsam im Proberaum verschanzt, um die ultimative Roadtrip-Playlist zu basteln.
Und dann ist da „Sometimes, I Swear“ – ein Song, der einen direkt auf den Highway katapultiert. Fenster runter, Musik auf Anschlag, das Gefühl von absoluter Freiheit – egal ob im Mercedes-Cabrio, 911er oder Dacia Dokker. Wichtig ist nur: kein Stau & keine Geschwindigkeitsbegrenzung. (Da sind wir Wissing zu Dank verpflichtet.) Eine perfekte Hymne für alle, die sich gern in der Unendlichkeit der Straße verlieren.
Entsprechend heißt es im Song:
Sometimes, i swear, it feels like i don’t belong anywhere…
More gods than the greeks…
https://www.youtube.com/watch?v=R4VTfu95HHc
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TOP 9 Floating On A Moment (Beth Gibbons)
Als stilprägende Stimme der Trip-Hop-Band Portishead hat Beth Gibbons das Genre mit ihrer melancholischen, jazzigen und beinahe geisterhaften Gesangsästhetik nachhaltig geprägt. Diese eindringliche Melancholie durchzieht auch ihr erstes Soloalbum „Lives Outgrown“.
Mit „Floating On A Moment“ entfaltet Gibbons ihren typischen intimen, atmosphärischen Klangkosmos. Der Song lebt von minimalistischer Instrumentierung – Synthesizer, subtile Streicher und eine filigrane, fast entrückte Gesangsmelodie verleihen ihm eine schwerelose Anmutung. Das begleitende Video ist ebenso reduziert und verstärkt das Gefühl von Isolation und Endzeit.
Und die gute Nachricht: Auch als Solokünstlerin bleibt Beth Gibbons’ Musik zeitlos – dunkel, intensiv und tief berührend. Perfekt für Tage, an denen man sich fragt, ob es überhaupt noch Sinn macht, die Wohnung zu verlassen.
https://www.youtube.com/watch?v=ldrx0eSqV-E
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TOP 8 Alone (The Cure)
Mit „Songs of a Lost World“ haben The Cure im November 2024 ihr erstes Studioalbum seit 16 (!) Jahren veröffentlicht – und es ist ein großartiges, monumentales Werk. Acht ausladende Tracks widmen sich den großen Themen Vergänglichkeit, Verlust, Tod und der menschlichen Existenz.
Das Album, das am 1. November vor 3000 Zuschauern im Londoner Troxy vorstellt wurde, schlug ein wie eine Bombe. Es entfaltet eine dichte Klanglandschaft schrammelnder Gitarren; lange instrumentale Passagen erzeugen eine Atmosphäre intensiver Melancholie. Über allem schwebt Robert Smiths unverwechselbare eindringliche Stimme.
Ich muss zugeben: Ich war nie der größte The Cure-Fan. Zu sehr mainstream. Doch was die Band nun an Hymnen der Vergänglichkeit geschaffen hat, ist beeindruckend.
Schon beim Blick auf die Tracklist wird klar: Hier gibt es keine Hoffnung. Songs wie „Alone“, „And Nothing Is Forever“ und „A Fragile Thing“ „Endsong“ klingen wie ein verregneter Novemberspaziergang.
Eine gute Kritik des Albums findet sich hier:
https://apnews.com/article/cure-song-lost-world-album-review-5c94952a91e7bbde75d580ae8f4e0c27
Ich habe mich als TOP 8 für „Alone“ als Lyric-Video entschieden. Man braucht ein wenig Geduld. Robert Smith setzt erst nach 3:30 Minuten mit seinem Gesang ein. Doch das Warten lohnt sich – versprochen. Der Text auf den Punkt. Düster & sakral.
https://www.youtube.com/watch?v=sx9SVAtMkJM&list=RDsx9SVAtMkJM&index=1
Noch krasser ist der abschließende 10-minütige „Endsong“, dessen Titel kaum treffender gewählt sein könnte. Hier schrammeln sich die drei altgedienten Cure-Musiker mit ihren Gitarren in eine hypnotische Klangtrance. Erst nach sechseinhalb Minuten erhebt Robert Smith schließlich seine Stimme, um zu verkünden:
I’m outside in the dark – wondering how I got so old.
Und das wundern wir uns alle – spätestens seit die 6 vor unserem Alter steht. Dear Robert, willkommen im Club. Und dann folgt die ultimative Erkenntnis:
It’s all gone, it’s all gone, it’s all gone
No hopes, no dreams, no world
https://www.youtube.com/watch?v=8jCe5_mCsOg
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TOP 7 (1) What Now (Brittany Howard)
Bekannt als Frontfrau der Alabama Shakes hat sich Brittany Howard mit ihrer unverwechselbaren Mischung aus Blues, Soul, Rock und R&B auch als Solo-Künstlerin einen Namen gemacht. Irgendwo habe ich über sie gelesen: „Die vielleicht beste lebende Bluesrockerin.“
Brittany Howard ist eine dieser Musikerinnen, die man nicht einfach hört – man wird von ihr überrollt (kein Wunder bei ihren geschätzten 130 kg).
„What now“ strahlt einen entspannten, soulig-funkigen Groove aus. Im Song dreht es sich um die ewige Frage: „Was jetzt?“ (Oder auch: „Warum ist mein Leben ein Chaos und wieso hat mir das vorher niemand gesagt?“). Hier eine schöne Live-Performance des Songs in der Late Show.
https://www.youtube.com/watch?v=1fcIcOF-gRY
TOP 7 (2) It was the Moment (Michelle Gurevich)
Die russisch-amerikanische Musikerin Michelle Gurevich – eine meiner all-time favorites – ist eine brillante Texterin, die sich mit Liebe, Einsamkeit, Vergänglichkeit und der Absurdität des Lebens auseinandersetzt. Ihre Lyrics sind oft bitter, ironisch, aber gleichzeitig zutiefst berührend. Ihre Musik fühlt sich an wie eine russische Tragikomödie auf Vinyl – düster, lakonisch, aber irgendwie auch tröstlich.
Im Song It was the Moment fragt sie sich (und uns), worum es im Leben geht und was vom Leben bleibt… (tip: the answer is the title)
https://www.youtube.com/watch?v=0rAS0uPo_OQ
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TOP 6 Wild God (Nick Cave)
Der dunkle Poet liefert mit dem Album „Wild God“ ein weiteres düsteres Werk ab. Ein neuer Trauergottesdienst des apokalyptischen Propheten.
Nick Cave ist ein begnadeter Live Performer, ich habe ihn bislang 5 mal live gesehen – das erste Mal Mitte der 80er in der Zeche Bochum und das letzte Mal in den 2010ern auf der Reeperbahn.
Hier ist der Titeltrack „Wild God“ – gespielt in der Uber Arena in Berlin. Der Song beginnt mit markanten Piano-Klängen, die an frühere Werke wie „Jubilee Street“ erinnern, und entwickelt sich zu einem gewaltigen Gospel-Finale, das das so dramatisch ist, dass man unwillkürlich nach einem Kerzenleuchter (oder nach der Taschenlampenfunktion vom Smartphone) greifen will. Wild God“ ist für alle, die wissen wollen, wie es klingt, wenn ein düsterer Prophet das Ende der Welt zelebriert.
https://www.youtube.com/watch?v=KJQwoMrGWd8
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TOP 5 Whispers In The Echo Chamber (Chelsea Wolfe)
Chelsea Wolfe ist so etwas wie die Hohepriesterin der musikalischen Dunkelheit – eine Künstlerin, die es geschafft hat, Schönheit und Schrecken in einem einzigen Atemzug zu vereinen. Wer sie einmal gehört hat, weiß: Hier ist nichts nett. Hier ist alles tief, schwer und irgendwie mystisch.
„Whispers in the Echo Chamber“ klingt genau so, wie man es sich vorstellt: Ritualhafte Drums, düstere Gitarren und eine Stimme, die irgendwo zwischen flüsterndem Geistermädchen und sirenenhaftem Kataklysmen-Gesang pendelt.
Kopfhörer auf, Kerzen an, und abtauchen in eine düstere Welt:
https://www.youtube.com/watch?v=L0o2GraeMlo
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TOP 4 Common Loom (Xiu Xiu)
Xiu Xiu ist eine emotionale Abrissbirne. Wer ihre Musik hört, hat entweder einen exquisiten Geschmack oder ist gerade mitten in einer künstlerisch wertvollen Identitätskrise. Seit 2002 liefert Jamie Stewart Avantgarde auf Steroiden, irgendwo zwischen Post-Punk, Noise, Industrial und der akustischen Repräsentation einer nervlichen Kernschmelze.
„Common Loon“ ist ein Song, der so verstörend ist, dass er problemlos als Soundtrack für ein Arthouse-Horror-Drama durchgehen könnte. Elektronisches Chaos trifft auf fragile Melodien, düstere Akustik trifft auf ohrenbetäubenden Wahnsinn – es ist wunderschön, es ist grausam, es ist Xiu Xiu. Einer meiner all-time favs.
Das Musikvideo? Trash pur. Sieht aus wie das Fiebertraum-Homevideo eines Vogelkundlers, der zu lange allein im Wald war. Aber genau das macht es so großartig. Der Common Loon, auf den sich der Songtitel bezieht, ist ein Vogel mit sehr klagenden Rufen, der als Symbol für Einsamkeit und die unerfüllte Sehnsucht nach Verbindung dient.
https://www.youtube.com/watch?v=9jgeZ6NDcBE
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TOP 3 Grace (Mila Mar)
Mila Mar ist eine deutsche Band, die Ethereal Wave, Darkwave & Tribal Sounds zu einer hypnotischen Klanglandschaft verwebt.
„Grace“ ist die dritte Singleveröffentlichung aus ihrer Chronologie „Songs from the other Side“. Es ist ein hypnotischer, düster-schöner Soundtrack zum Untergang der Welt, untermalt von rollender Percussion und einem Gesang, der klingt, als hätte sich ein orientalischer Priester in einer gotischen Kathedrale verirrt. Unsere Erde, verstanden als Mutter allen Lebens, ist erkrankt und leidet.
„See my earth is down.
She is on fire.
She is burning.“
Grace will Kraft spenden, mit rollender Percussion, mit orientalisch anmutenden Gesangn den Weg der Zerstörung aufhalten und Hoffnung schaffen.
https://www.youtube.com/watch?v=qA5TNwUN6_Y
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TOP 2 GODMOTHER (Noga Erez feat. Eden Ben Zaken)
Die israelische Künstlerin Noga Erez zählt zu den spannendsten Stimmen des modernen elektronischen Art-Pop. Mit ihrem einzigartigen Sound, der Hip-Hop-Einflüsse, experimentellen Pop und treibende Elektronik vereint, hat sie sich international einen Namen gemacht. Neben ihrer musikalischen Innovationskraft engagiert sie sich auch politisch – vor allem auch gegen Netanjahu – und setzt sich für eine Versöhnung mit den Palästinensern ein.
Für „GODMOTHER“ holt sie sich die marokkanisch-israelische Sängerin Eden Ben Zaken an Bord– eine Sängerin, die das mit der Stimme aufdrehen so gut beherrscht, dass sich Opernhäuser freiwillig verneigen würden. Was passiert also, wenn eine elektronische Innovatorin auf eine Opernstimme trifft? Ganz einfach: Ein Song, der klingt, als würde der Soundtrack zu einem epischen Sci-Fi-Blockbuster und ein Opernchor gemeinsam in den Krieg ziehen.
Bei „GODMOTHER“ geht es um Isolation, Entfremdung und die Suche nach Zugehörigkeit in einer zerrissenen Welt: Mommy from the desert, Daddy from the snow / And I am everywhere cause I got nowhere to go.
Dramatische Orchesterparts? Check.
Treffende politische Botschaft? Check.
Ein Refrain, der dich packt und erst nach drei Tagen wieder loslässt? Doppel-Check.
https://www.youtube.com/watch?v=b8ZIWf3t2QE
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TOP 1 Like the End (James Blake)
James Blake ist einer faszinierendsten und innovativsten Grenzgänger der zwischen experimenteller Elektronik und gefühlvollem R&B Songwriting. Er arbeitete mit Künstlern wie Beyoncé, Frank Ocean, Bon Iver, Travis Scott, Jay-Z und Kendrick Lamar zusammen. Vor allem in der Electronic Music und im R&B-Bereich ist sein Sound immer wieder zu hören – seine Fähigkeit, elektronische Elemente mit organischem Songwriting zu verbinden, hat neue Standards gesetzt.
Und wer hat schon Zeichen & Ausprägungen unser aller Ende so wunderschön in Szene gesetzt und besungen?